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Datenschutz in Coronazeiten

Arbeitnehmende müssen per Videokonferenz-Apps mit dem Chef reden, Schüler müssen über irgendwelche Web-Applikationen Hausaufgaben machen und niemand scheint es zu interessieren, wer an den vielen „Gratis-Angeboten“ kräftig verdient.

In extrem kurzer Zeit sind Gratis-Anbieter von Webdiensten nur so aus dem WWW-Boden geschossen und überfordern die Menschen mit den meist sehr verwirrenden und dubiosen „Privacy Policies“.

Es ist schockierend zu sehen, mit welcher Inkompetenz manche Arbeitgeber ihre Arbeitnehmenden und Lehrer*innen ihre Schüler an irgendwelche (Gratis-)Plattformen führen, ohne zu wissen, was sie da eigentlich tun. Ohne zu wissen, wer dahinter steckt und wo die Daten hinfliessen – egal ob angeblich verschlüsselt oder nicht.

Als Theologe und Seelsorger stehe ich an einem Punkt, an dem ich nur noch sagen kann: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lk 23,34)

Dabei gibt es einfache (Open Source) Plattformen, die entweder selbst gehostet oder bei einem Anbieter des Vertrauens eingerichtet und so für den Arbeitsgebrauch eingesetzt werden können. Nextcloud, Nextcloud Talk, Moodle, Olat, ILIAT, Jitsi und Co. – aber niemand scheint fähig (oder willens) zu sein, den Schulen oder Arbeitgebern solche Plattformen zu Verfügung zu stellen. Nicht einmal die, von den Kantonen verantwortlichen Erziehungsdirektoren mit ihren Stäben. Nein, man setzt auf teils Gratis-Angebote, aber auch auf bezahlte Dienste, die in datenschutzrechtlicher Hinsicht eine Katastrophe sind.

Wer übernimmt eigentlich die Verantwortung dafür, dass Minderjährige sich auf solchen Plattformen registrieren müssen und damit elenden Datenschutzkraken ausgeliefert werden? Das ist im wahrsten Sinne „unverantwortlich“.

Viele werden sich nun fragen: „Was sollen wir denn tun, wir müssen ja schliesslich arbeiten, es ist nicht unsere Aufgabe, die Sicherheit der Apps, ihre Sicherheit und den Datenschutz zu überprüfen.“

Doch, muss ich antworten. Es ist die Aufgabe der Arbeitnehmenden, der Eltern, aller Beteiligten, unangenehme Fragen zu stellen. Nachzufragen, weshalb man genau diese App oder Plattform verwendet. Nachzufragen, was denn an Daten gesammelt wird, wohin die fliessen, wer dafür Verantwortung übernimmt. – Es ist die Pflicht jedes und jeder Einzelnen, dies zu tun.

Es heisst immer, dass der Mensch nicht nur „Schaf“ ist, sondern vernunftbegabt. Ja, das heisst aber auch, dass man Verantwortung für das eigene Handeln übernimmt. Dass man seine Rechte und Pflichten kennt und dass man sie wahrnimmt. Es scheint mir, dass aber zu viele Leute einfach zu bequem sind, schlicht zu faul, sich mit Datenschutz auseinanderzusetzen – und dies nicht nur, weil die „Privacy Policies“ kompliziert und umständlich geschrieben sind.

Man ist nur noch Nutzer, oder Konsument und hat keine Ahnung wer an all den „Gratis-Apps“ mitverdient. Unverständlicherweise vertraut man der Polizei, dem Staat, der Regierung, dem Arbeitgeber, dem Nachbarn nicht mehr. Aber man vertraut einer „Gratis-App“, die von einer obskuren Gesellschaft betrieben wird, die mit Gesundheits-, Interessen- und Personendaten, die man freigiebig „spendet“, Unsummen verdient?!

Eine mögliche Verletzung des Beichtgeheimnisses ist dagegen einfach nur lächerlich. Jemand anderes weiss eh schon, was du beichten gehst…

Der Mensch sollte dieses unsägliche Sprichwort „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“ nicht so ernst nehmen. Es gilt viel mehr das paulinische Wort „Prüft alles und behaltet das Gute“ (1 Thess 5,21). Darin steckt das Verb „prüfen“. Es ist keine Einladung, sondern ein Imperativ, ein Befehl. Gerade als Christen und Christinnen sollten wir uns das zu Herzen nehmen. Und als Seelsorgende und Theologen sind wir in der Pflicht, dasselbe zu tun, zum Schutz unserer „Schäfchen“.

Weiterführende Literatur:

Es gibt Alternativen – Linkliste von b-meier.ch