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Gottes liebende Zuneigung.

Wenn wir Menschen uns in unserer ganzen Dimension ernst und wahr nehmen, dann gibt es wirklich etwas in uns das über uns hinaus zeigt und strebt. Genau dies ist es, was Rahner mit dem heiligen Geheimnis meint.
Wenn wir die Welt, unsere Umwelt wahrnehmen, dann finden wir sie immer in ein grösseres Ganzes eingebettet. Die Welt, in einen grösseren Horizont hineingestellt, erkennen wir erst dadurch, dass es dieses ‚darüber hinaus‘ überhaupt gibt. Auch in der Gottentfremdung, also im Nicht-Beachten des verborgenen Gottes, bleibt der Mensch ein zutiefst religiöses Wesen. Und in dieser Dimension leitet uns eben Gott, auch wenn er „schweigt“.
Über Gott können wir nicht verfügen. Er schenkt sich uns und auf Geschenke haben wir weder ein Anrecht, noch können wir darüber entscheiden, wie, wann und wo wir sie erhalten möchten. Gott ist uns aber eben auch zutiefst innig, aufgrund der menschlichen Konstitution, und deshalb sehr nah.
Wo der Mensch sein Menschsein, sein Leben in die Hand nimmt, sich den Ansprüchen des Lebens, den Verantwortlichkeiten dieser Welt stellt, da ist ihm Gott ganz nah. Das verantwortete Leben gelingt nicht, weil wir es schaffen, sondern weil Gott sich uns in dieser Überzeugung, das Leben leben zu wollen, annimmt und führt. Egal wo, Er ist immer da in seiner überaus grossen Liebe und Zuneigung und deshalb sollen wir ihm danken und ihn preisen.

Es ist schwer zu sagen, wo und wann sich Gott uns seiner annimmt, oder zumindest fällt es uns schwer diese Momente in Worte zu fassen. Gott ist in jedem Fall seine (und natürlich unsere) Vor-Gabe selbst und zwar in der Liebe.
Das Wirken Gottes durch das Tun und Handeln des Menschen macht es uns so schwierig, Gott selbst dahinter zu erkennen. In diesem Wirken ist Gott uns immer Gnadenvoll zugetan. Es ist die Gnade, die als immerwährendes Angebot dem Menschen in seiner Existenz zukommt. Überall, wo der Mensch in dieser Gnade, in dieser Liebe wirkt, wird Gottes Existenz ganz konkret erfahrbar.

Obwohl der Mensch, der mit der Erbschuld belastet ist, immer wieder diese Gotteserfahrung machen kann und darf, ist er immer wieder der Gefahr ausgeliefert, sich der göttlichen Offenbarung zu verschliessen. Aber diese menschliche Schuld, dieses menschliche Versagen ist nichts im Vergleich mit Gottes grosser Liebe, die als Geheimnis über allem steht und alles in sich aufzunehmen vermag. Damit ist der Mensch nicht aus der Pflicht genommen. Er wird diese Liebe, wenn er sie einmal erfahren hat viel stärker als „Verpflichtung“ annehmen, nicht, weil er muss, sondern weil er will.

Diese Selbstfindung ist der Schritt, den ich machen muss. Teresa von Avila formuliert es folgendermassen: „Wie willst du Gott kennen, wenn du dich nicht kennst?“ – Diese Selbstfindung ist aber nicht ein emanzipierter Akt des Menschen, sondern schon da in die grossen und gütigen Hände Gottes gelegt. Diese Hände umfangen, tragen und führen uns seit Anbeginn. Dieses Vertrauen wird ganz konkret in der Menschwerdung Gottes.
Was wären wir, wenn die Inkarnation nicht gewesen wäre? Diese Frage, die wir uns sind, und die wir in Gott sind wurde konkret in Jesus Christus. Er, in dem wir Gott selbst erkennen, der uns die grösste mögliche Nähe Gottes ist, lässt uns selbst annehmen und finden. So, dass wir nicht nur in der Geschichte leben, sondern in der Geschichte des Heils, das Gott für uns ganz radikal will. Glauben wir daran!